Als Co-Worker das Home-Office zu echten Menschen verlagern

In Zeiten von Home-Office und Remote-Work wird der physische Kontakt zu den Kollegen immer weniger. Raphael Thierschmann arbeitet dauerhaft von unterwegs. Um den sozialen Aspekt des Arbeitens zu erleben, mietet er einen Schreibtisch bei medienreaktor.

Raphael Thierschmann ist Co-Worker bei medienreaktor

Wir begeben uns mit einem Fernglas bewaffnet auf die Suche in den medienreakor-Dschungel, der besiedelt ist von eifrig tippenden Entwickler:innen, kreativ vor sich hin bastelnden Designer:innen und – einem Director Global Corporate Communications EMEA bei Rakuten. Er stellt sich als Raphael vor, Raphael Thierschmann. Er ist Co-Worker in unserer Agentur.

Raphael, was machst du hier? Warum sitzt du eigentlich in unserer Agentur, obwohl du nicht für medienreaktor arbeitest?

Bisher ist das anscheinend keinem aufgefallen, bitte verrate mich nicht (lacht). Ich bin als Co-Worker hier, miete mir also einen Schreibtisch mit allem drum und dran. Ich habe aber viel mehr bekommen, als nur einen guten Bildschirm und vernünftigen Kaffee. Seit mittlerweile fast einem Jahr bin ich im Schnitt zweimal die Woche hier.

„Ich freue mich über kreative Impulse, die tolle Atmosphäre und auch über das schicke Büro.

Raphael Thierschmann

Und warum mietest du dir hier einen Arbeitsplatz? In Zeiten in denen das Home-Office immer mehr in den Arbeitsalltag gehört - und du arbeitest ja auch nicht an einem festen Arbeitsplatz - hat doch jeder ein Büro zuhause, oder nicht?

Einen Schreibtisch habe ich zu Hause, das stimmt. Deswegen war ich auch nicht auf der Suche nach einem anonymen Co-Working-Space. Auch zu der Zeit, in der ich noch in einem Rakuten-Büro gearbeitet habe, habe ich übrigens im Daily Business mit den Kollegen vor Ort nur sehr wenig zu tun gehabt. Aber die Gespräche beim Kaffee, Ansprechpartner für aktuelle Themen außerhalb der eigenen vier Wände und ganz schlicht gesagt der soziale Kontakt haben mir einfach gefehlt.

Du arbeitest bei Rakuten und bist da schon seit einigen Jahren aktiv. Bevor es darum geht, können wir mal auf deine Vergangenheit blicken. Seit spätestens 2006 bist du in Bamberg. Warst du es davor auch schon, bist du gebürtiger Bamberger? 

Ich bin gebürtiger Ingolstädter. Ja ich weiß, ich bin nicht besonders weit gekommen (lacht). Ich habe in Bamberg erst europäische Wirtschaft studiert, dann in der Germanistik meine Erfüllung gefunden. Die Entscheidung für Bamberg war spontan, und eigentlich ausschließlich der Optik der Stadt geschuldet. Ich hab mir die Uni angeschaut, kannte Bamberg davor nicht, und nach drei Tagen war meine Entscheidung klar: ich bleibe. Bis auf ein Jahr in London während meines Studiums, bin ich jetzt seit 16 Jahren hier. 

Und daran wolltest du in all den Jahren auch nichts ändern?

Es gab einige Momente, zum Beispiel nach dem Studium oder auch den ersten Jahren meiner beruflichen Karriere, in denen ich immer wieder vor der Entscheidung stand Bamberg zu verlassen. Aber irgendwie ist es aus verschiedenen Gründen nie passiert. Und das ist auch gar nicht schlimm. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich von unseren 28.000 Mitarbeitern weltweit sicher vom schönsten Platz aus arbeiten darf.

Wenn man so auf deinen Lebenslauf blickt, dreht sich viel um Lesen und Schreiben? Wie kommt das?

Das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Und eigentlich ist es spannend, dass ich wirklich dachte, dass Wirtschaft „mein“ Studiengang sein könnte. Vielleicht hätte ich einfach gleich auf meine innere Stimme (oder alle meine Freunde) hören sollen. Ich war schon als Kind eher der, der lesend auf dem nach Hause Weg gegen eine Laterne gelaufen ist, anstatt Fußball zu spielen. Als ich während meiner Schulzeit an einer Herr der Ringe-Fan-Fiction mitgeschrieben habe, war mir aber einfach noch nicht bewusst, dass man mit Schreiben (und Reden) auch seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Nachdem ich dann die Germanistik gefunden hatte, gab es sogar eine kleine idealistische Phase, in der ich sicher war, als Dramaturg am Theater oder Spezialist für Mittelhochdeutsch an der Uni zu landen. Dann habe ich die Kommunikation und Public Relations für mich entdeckt und bin bis heute dabei geblieben.

Bei Rakuten ging es dann 2012 als Trainee los. Wie kamst du zu der Stelle und was waren zu Beginn deine Aufgaben?

Zehn Jahre ist das her. Danke, jetzt fühle ich mich alt. Das ist aber wirklich eine witzige Geschichte: Eigentlich war für mich klar, dass ich nach dem Studium nach Berlin, Hamburg oder München gehen würde. Aber recht spontan kam dann alles ganz anders. Ich wollte mir das erste Mal in meinem Leben eine Flasche Champagner kaufen, um meinen Abschluss mit meinen Freunden gebührlich zu begießen. Ein gutes Angebot fand ich bei einem Online-Marktplatz names Rakuten und durch Zufall klickte ich auf den Karrierebereich. Sie suchten einen PR-Redakteur und ihre Zentrale war in Bamberg. Es war die erste von vielen Bewerbungen, auf die ich eine Antwort erhielt. Das war dann auch mein erstes Bewerbungsgespräch und – auch wenn meine Bewerbung für die Redakteursstelle zu ambitioniert war – man bot mir ein Traineeship an. Von da an gehörten Newslettertexte, CMS, Pressemitteilungen und Präsentationen zu meinem Alltag.

Und wie ging‘s dann weiter?

Da werde ich etwas auf Vorspulen drücken: Neben ein paar Ausflügen ins B2B-Marketing war es immer die Unternehmenskommunikation, in der ich zuhause war. Erst für das deutsche E-Commerce Business, später federführend. Dann für das europäische E-Commerce-Geschäft, schließlich vor sechs Jahren mein Wechsel ins japanische Headquarter, wo ich die Verantwortung für den gesamten europäischen Markt plus mittleren Osten und Afrika übernahm. Alles aber immer von Bamberg aus. Ein leichter Weg war es nicht immer, aber irgendwie haben sich in den richtigen Situationen immer tolle neue Chancen aufgetan. Das ist ein Vorteil einer vielfältigen Unternehmensgruppe mit bunten Branchen, aber vor allem den aufmerksamen und engagierten Vorgesetzten zu verdanken. Allem voran Peter Meyenburg, der mich eingestellt hat, mich gefördert hat und meinen Arbeitsstil bis heute prägt. Und meine aktuelle Vorgesetzte Billie Cole, eine Australierin, die in Tokyo lebt und Remote einen wertvolleren Führungsstil realisiert als so mancher Chef vor Ort.

Jetzt bist du Director Global Corporate Communications EMEA. Klingt ziemlich cool. Ist es das auch? Und vor allem: was ist das?

Es ist ziemlich cool - und zwar gerade weil ich dir die zweite Frage nicht beantworten kann (lacht). Im Grunde steht in meinem Vertrag, dass ich die externe und interne Kommunikation der Rakuten Gruppe in EMEA (Europe, Middle East, Africa) verantworte, mit Schnittmengen zu übergeordneten Teams wie ESG (Environmental, Social, Governance), HR oder auch Brand. Mein Alltag sieht aber selten gleich aus. Die Themen reichen von unseren Sport-Partnerschaften mit den Golden State Warriors, dem Davis Cup oder vor kurzem noch dem FC Barcelona über unsere Pionierarbeit in der Open RAN 5G Technologie (wir bauen für 1&1 das Telekommunikationsnetz in Deutschland) bis zu unserem NFT-Marktplatz, Blockchain, E-Commerce, Drohnen und mehr. Dabei nutze ich mit meinem Team dann den gesamten Kommunikations-Werkzeugkasten, intern und extern. Nach zehn Jahren (Jubiläum!) kann ich mich kaum an langweilige Zeiten erinnern. An herausfordernde, spannende und auch schwierige, aber nie an Zeiten in denen ich das Gefühl hatte, jetzt kommt hier nichts mehr Neues für mich.

Wie kam in all den Jahren der Kontakt zu medienreaktor, beziehungsweise zu Jonas und Daniel zustande?

Auch der Kontakt feiert Jubiläum - und übertrifft noch meine Rakuten-Zeit. Ich schrieb 2011 meine Diplomarbeit in einem Start-Up-Verlag und Teil unserer Vermarktungsstrategie war es, ein Bamberger Literaturfestival ins Leben zu rufen. Noch lange vor dem jetzt bekannten Stadtmarketing-Event begeisterten wir mit „Bamberg liest“ auf dem Maxplatz. Daniel und Jonas halfen uns damals mit Rat, Tat, Fotos und Designs aus und haben vieles erst möglich gemacht. Als wir dann bei Rakuten eine Agentur mit Digitalexpertise suchten, war ich froh, den mittlerweile gewachsenen medienreaktor selbstbewusst vorschlagen und an Bord holen zu dürfen. Wir sind bis heute zufriedene Kunden. Die häufige Zusammenarbeit hat dann zu einem tollen Miteinander geführt. Und als ich auf der Suche nach einem Co-Working-Space zufällig Daniel nach Ideen fragte, kam sehr schnell ein “zieh doch zu uns” - da musste ich nicht lang überlegen.

Du bist ja auch immer wieder Teil der Teamevents. Fühlst du dich vielleicht sogar ein wenig als Teil des medienreaktor-Teams?

Nicht nur ein wenig. Ein Team ist ja mehr als Business und Projekte. Gerade das medienreaktor-Team. Und auch wenn ich im Daily Business der Agentur natürlich nicht beteiligt bin, fühlt sich jede Kaffeepause, Lunch, Team-Event oder Nachricht genau danach an. Nach Team. Ihr habt mich von Anfang an nicht nur geduldet, sondern völlig selbstverständlich in alles eingebunden, eingeladen und mitgenommen. Podcast, Whiskytasting, Zoom-Quiz oder auch unser Gespräch jetzt - das ist das “Mehr”, das ich bekommen habe, obwohl ich nur einen Schreibtisch suchte.

„Jetzt darf ich bei spannenden kreativen Menschen sitzen, lernen und wachsen und das alles in meinen Job in einem anderen Team einbringen.“

Raphael Thierschmann

Wenn du all die genannten Punkte bedenkst. Was sind für dich die Vorteile, in einem Büro zu sitzen, selbst wenn es nicht das deiner Firma ist?

Für mich ist es das Beste aus zwei Welten. Seit Corona haben sich meine Remote-Arbeitsbedingungen sehr verbessert, weil jeder nun Remote arbeiten musste. Das hat meinen Tag produktiver, organisierter und flexibler gemacht. Ich arbeite in einem Team mit Kollegen in Indien, Japan, Amerika, Kanada und Deutschland. Da war der Push der Firma hin zu Remote ein Segen. Gerade für mich als schon-vor-Corona-Remoter. Aber als Mensch gibt es ja so viel das entscheidender ist für Gesundheit, Zufriedenheit und Ausgeglichenheit. Und das bilden Zoom oder Slack halt nicht so ganz ab. Das habe ich auch erst erkennen müssen. Jetzt darf ich bei spannenden kreativen Menschen sitzen, lernen und wachsen und das alles in meinen Job in einem anderen Team einbringen. Und dazu noch ein guter Schnack am Kaffeeautomat, Whisky after Work und Menschen, echte echte Menschen.

Ich denke, wir als Team dürfen diese Komplimente und die vielen positiven Eindrücke genau so zurückgeben. Wenn du abschließend auf dein Jahr hier zurückblickst: was war dein schönstes Erlebnis, das du mit medienreaktor hattest?

Auch wenn ich natürlich sagen müsste, dass es das Whiskey-Tasting war, das ich neulich abhalten durfte, war es definitiv das Sommer-Event auf dem Agenturdach. Ein lauer Abend, die Aussicht auf die Bamberger Architektur und weltbeste Pizza vom In-House-Pizzaiolo Flo waren schon schwer zu schlagen. Aber an dem Abend gab es keine Firmen, Projekte, Deadlines - nur Lebensfreude, Leichtigkeit, Loslassen und Lachen. Mein Highlight zu diesem Event war aber eine Sprachnachricht von Andi am nächsten Morgen, wo er genau das zusammenfasste, was mich so begeistert hat. Das Herzliche und Selbstverständliche. Ab da war ich so wirklich angekommen. 

Andi, der nächste Song ist für dich …

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